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Regulierung des Wettbewerbs

Arm-Reich-Schere - aus DER SPIEGEL 34-2004 S23 Die Grundidee der Liberalisierung der globalen Wirtschaft und das Verbot aller Zölle sollte zu einem Ausgleich zwischen den Staaten und Wohlstand für alle führen. Die Daten der Wirtschaftsentwicklungen der letzten 20 Jahre zeigen aber das Gegenteil: sowohl interstaatlich als auch innerhalb der Staaten wird die Schere zwischen Reichen und Armen immer größer. Und diese Entwicklung wird sich fortsetzen, wenn die neoliberale Ausrichtung der Wirtschaft beibehalten wird.

Das kommt nicht von einer großen Verschwörung, sondern einfach daher, dass jeder nur versucht das beste für sich selbst zu erreichen. Und die (einfluss-)reichen Gruppen haben eben die größere Macht, Vorteile für sich selbst herauszuschlagen.

Darum kann ein liberaler Freihandel nur dann zu Wohlstand für alle führen, wenn alle beteiligten Gruppen in etwa gleich mächtig sind, und es auch bleiben.

Bis dahin muss ein künstlicher Ausgleich geschaffen werden, der nicht alle (Staaten und Menschen) gleich macht, aber allen die Möglichkeit gibt, ihre Situation durch Anstrengung und Arbeit zu verbessern.

Das wird aber nicht passieren, wenn man die Marktwirtschaft immer weiter liberalisiert, und ihr freien Lauf lässt.

Um die Unterschiede zwischen armen und reichen Ländern zu reduzieren, sollten nicht einfach nur alle Zölle abgebaut werden, sondern die ärmeren Länder sollten Unterstützung bekommen, um funktionierende lokale Wirtschaftskreisläufe zu stärken, so dass nur Produkte, die lokal nicht hergestellt werden (können), importiert werden müssen.

Letzten Endes führt ein völlig unkontrollierter Wettbewerb dazu, dass nur der Stärkste überlebt , und alle anderen zugrunde gehen. Dieser Monopolist kann dann die Preise grenzenlos erhöhen.

Die Verehrer der völlig freien und unregulierten Marktwirtschaft wehren sich zwar mit allen Mitteln gegen jede öffentliche Beeinflussung des Wettbewerbs, aber nicht nur staatliche Eingriffe können den Wettbewerb verhindern, sondern auch die Marktwirtschaft selbst kann die Wettbewerbsstrukturen außer Kraft setzten, wenn ein Wettbewerber zu mächtig wird (Monopolisierung), oder wenige führende Wettbewerber sich absprechen (Bildung von Oligopolen).

Zurzeit haben wir in vielen Bereichen schon weltweite Oligopole (Marktbeherrschung durch wenige Firmen). Je weniger Konkurrenten es gibt, um so leichter ist es aber auch schon, Preisabsprachen zu führen. Diese sind zwar illegal, aber wenn die Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden nur gering ist, und die drohenden Geldbußen die möglichen Gewinne nicht weit übertreffen, finden sich immer Firmen, die es tun. Die immer mal wieder aufgedeckten Fälle illegaler Preisabsprachen sind wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs.

Dass die Situation der Monopolisierung zum Wohl Aller verhindert werden muss, haben auch die Ökonomen nach der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren eingesehen, und Kartellämter ins Leben gerufen.

Die Kartellämter können allerdings erst eingreifen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, und eine Firma ein Monopol hat. Sie können zwar auch Zusammenschlüsse zu einem Monopol verhindern, wenn eine Firma aber durch Wachstum ein Monopol erringt, kann das Kartellamt erst einschreiten, wenn das Monopol missbraucht wird.

Eine Verbesserung der Gesamtsituation durch freien Wettbewerb funktioniert aber nur unter gewissen Randbedingungen:

mindestens zwei Unternehmen müssen konkurrieren
die Unternehmen müssen konkurrenzfähig sein, also vergleichbar mächtig
die Leistungen der Produkte müssen vergleichbar und Informationen darüber für alle frei zugänglich sein

Für den letzten Punkt bietet das Internet die besten Möglichkeiten, die es bisher in der Geschichte gab. Diese neuen Möglichkeiten müssen nur richtig genutzt werden.

Die für die Allgemeinheit beste Wettbewerbssituation ist eine Konkurrenz vieler etwa gleich starker Firmen . Je mehr Wettbewerber es gibt, umso größer der Anreiz für die Firmen innovativ zu sein. Und je mehr Firmen konkurrieren, um so mehr Mitarbeiter sind beschäftigt, können Steuern und Sozialabgaben zahlen, und damit auch das allgemeine Niveau des Sozialstaats heben. 10 konkurrierende Firmen benötigen auch 5 mal mehr Mitarbeiter, als ein Oligopol aus 2 Firmen.

Die Kartellämter sollten also gestärkt werden, um laufend für einen fairen Wettbewerb sorgen zu können.

Ähnlich wie es die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation in Deutschland oder die Kontrollbehörden für elektrischen Strom in vielen EU-Staaten für diese speziellen Sektoren heute schon tut.

Diese Wettbewerbswächter müssten viel mehr Einflussmöglichkeiten haben als die Kartellämter heute, und auch Preisspannen festlegen dürfen, und Firmen zur Veröffentlichung interner Daten zwingen können. Dabei muss ihre einzige Zielsetzung die Ermöglichung eines breiten, fairen Wettbewerbs sein.

Wenn dadurch in jedem Bereich mehr Firmen konkurrieren als heute, brauchen diese auch mehr Angestellte. Die Anzahl der Firmen wird sich duch die Begrenzung der Verfügbarkeit an Mitarbeitern selbst regulieren. Mitarbeiter werden aber zu einem kostbaren Gut, um das die Firmen konkurrieren, indem sie ihnen bessere Arbeitsbedingungen bieten.

Durch Wettbewerbswächter müssten auch die Firmen nicht mehr um ihr Überleben kämpfen, sondern die Konkurrenz würde nur für die Motivation sorgen, die Produkte laufend zu verbessern. Der Wettbewerb müsste dann nicht mehr mit Mitteln der Kriegsführung erfolgen, sondern könnte wie ein sportlicher Wettkampf mit fairen Mitteln unter klaren Regeln durchgeführt werden. Wer den Konkurrenzkampf wie einen Krieg sieht, den man mit allen Mitteln gewinnen muss, sollte sich in Erinnerung rufen, dass die Konkurrenz den alleinigen Zweck hat, immer bessere und günstigere Produkte zu erzeugen, also dem Wohl aller Menschen dienen soll.

Parallel dazu müssen alle Firmen zur Einhaltung einer Corporate Social Responsibility (CSR) verpflichtet werden. Es könnte ein CSR-Level für die Produktkette entwickelt werden, das der breiten Öffentlichkeit verlässliche Informationen über das Verhalten bestimmter Unternehmen liefert. Zu den möglichen Beurteilungskriterien gehören u.a. ILO-Arbeitsstandards, die UN-Charta für Menschenrechte, Kriterien zu Korruption, Fair-Trade-Grundsätze und Umweltnormen.

Anstatt Regulierungsbehörden würde ich es zwar bevorzugen, wenn es eine Wirtschaftsordnung gäbe, die sich selbst reguliert und nicht zur Monopolisierung neigt, wie es auf der Attac-Seite zur Konzernentmachtung gefordert wird. Aber leider habe ich noch niemanden finden können, der wirklich erklären könnte wie diese Wirtschaftsordnung funktionieren soll. Wenn das jemand kann, sollte sie oder er sich bitte sofort bei mir melden.



Letzte Anpassung: 2008-06-16