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"Reformen"

Auf dieser Seite werden Punkte angesprochen, die spezifisch für Deutschland sind, und sich nicht verallgemeinern lassen. Wie auch auf den anderen Seiten glaube ich nicht, die Lösungen für alle Probleme zu haben, sondern versuche Probleme aufzuzeigen und Lösungswege zu bündeln und in Zusammenhang zu bringen.

Die deutsche Spezialisierung der marktradikalen "Reformen" ist am stärksten assoziiert mit den Hartz-Gesetzen. Und obwohl es meiner Meinung nach tatsächlich notwendig war, die Arbeitsvermittlung zu reformieren, da bei den Arbeitsämtern die Arbeitslosen mehr verwaltet als vermittelt wurden, gehen die Hartz-Gesetze in ihren Auswirkungen zu weit. Es gibt sogar Stimmen, die sie für Grundgesetz-widrig halten.

Dass die Hartz-Gesetze nur die deutsche Implementierung der Lissabon-Strategie der EU sind, und in allen anderen Ländern der Europäischen Union nach dem gleichen Denkmuster verfahren wird, wissen die wenigsten "normalen" Menschen.
Damit will ich aber nicht die Verantwortung dafür auf die EU schieben, denn deutsche Politiker waren maßgeblich an der Entwicklung beteiligt, und es war zu großen Teilen eine Stiftung aus Deutschland, die die Strategie entwickelt und beworben hat:
Die Bertelsmann-Stiftung mit Sitz in Gütersloh, Hauptbesitzer eines der größten Medienkonzerne der Welt, und laut eigenem Auftrag bestrebt, Staaten so umzugestalten, dass sie wie Unternehmen handeln und geführt werden.

Diese offiziell wegen ihrer Bildungsarbeit als gemeinnützig anerkannte Stiftung maßt sich an, Bewertungskriterien für die Qualität von Politik aufzustellen. Dabei gilt es, das Ziel der Stiftung zu erreichen: Je unternehmensähnlicher ein Land regiert wird, um so höher der Index. Je höher der Privatisierungsgrad ist, um so besser. Dafür wurde der Bertelsmann Transformation Index (BTI) entwickelt. Das innenpolitische Gegenstück ist der Bertelsmann Reform Index (BRI). Je mehr marktradikale Reformen, um so höher der Index. Die Ziele der Reformen, werden natürlich, wie bei der Agenda 2010, von der Stiftung bestimmt.

Ist es da tatsächlich nur Zufall, dass zum Bertelsmann-Konzern auch der Unternehmensteil Arvato gehört, der als Dienstleister Verwaltungsaufgaben von Kommunen übernimmt?
Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, auf die die Bertelsmann-Stiftung EU-weit drängt, hat die Arbeit von Arvato überhaupt erst ermöglicht. Arvato hat in Großbritannien die Verwaltung einer gesamten Kommune übernommen, und ist mittlerweile der profitabelste Bereich des Bertelsmann-Konzerns.

Der Bertelsmann Transformation Index (BTI), der angeblich einen Messwert dafür angibt, wie weit sich ein Staat auf dem Weg zu einer "modernen" Gesellschaft befindet, bewertet unter anderem diejenigen Staaten besser, die ihre Verwaltungen (teil-)privatisieren, und damit die Profitmöglichkeiten für Arvato verbessern.

Bankräuber schafft neue Arbeitsplätze

Es gibt auch eine ganze Reihe Hinweise darauf, dass die Branche der Versicherungen nicht unbeteiligt daran war, die gesetzliche Rentenversicherung schlecht zu reden. 80 Millionen Menschen, die meinen eine private (Zusatz-)Versicherung abschließen zu müssen, ergeben schon einen Gewinn, für den man etwas nachhelfen könnte.

Auch bei der Privatisierung von Krankenhäusern, der Bahn, Wasserversorgung oder anderer öffentlicher Institutionen lassen sich gewaltige Gewinne erzielen, besonders wenn man bei entscheidenden Personen der Exekutive durch massiven Lobbyismus nachhilft.



Letzte Anpassung: 2010-09-26