Gemeinsinn aus Eigennutz
Der Gemeinsinn darf aber nicht von einer kleinen Elite von oben ausgelöst und gesteuert werden, wie es in faschistischen und sozialistischen Ländern der Fall war, und teilweise auch immer noch ist.
Wir haben allerdings auch in unseren liberalen Gesellschaften festgestellt, dass grenzenloser Egoismus nicht glücklich macht.
Die
wissenschaftliche Glücksforschung hat ermittelt, dass wir Menschen die Gemeinschaft, das Soziale brauchen, um ein tiefgehendes Glücksgefühl zu erreichen.
Die Evolution scheint es so eingerichtet zu haben, dass wir mit diesem Glücksgefühl belohnt werden, wenn wir etwas zum Erhalt unserer Spezies beitragen, indem wir anderen Menschen helfen. Genauso wenn wir die Umwelt schützen, die für das Überleben der Menschheit essenziell ist.
Wenn wir alle einfach mehr darauf abzielen würden, dieses Glücksgefühl zu erreichen, statt nur Besitz anzuhäufen, würde die Welt besser werden.
Gemeinsinn aus Eigennutz. Könnte das ein Ansatz sein, für so etwas wie eine Synthese aus Kommunismus und Liberalismus?
Das Streben nach Glück und Wissen, als Leitfaden für eine Bürgergesellschaft im Informationszeitalter?
Auch die moderne Verhaltensforschung bestätigt, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, das versuchen muss seine soziale Einheit vor Egoisten zu schützen. Der folgende Ausschnitt ist aus dem Artikel
"Die Macht der Niedertracht" aus dem Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL vom Februar 2006:
Ob als Jäger und Sammler in einem tansanischen Hüttendorf, ob als Angestellter in einer modernen Demokratie - der
Homo sapiens ist auf Gemeinsinn geeicht. Er kooperiert: Jeder gibt das Seine zum Gelingen dazu. So führt er Kriege, so baut er Häuser, so betreibt er Welthandel. "Diese Fähigkeit ist für den Menschen absolut fundamental", sagt Fehr, "und sein Kooperationsvermögen einzigartig." Es unterscheidet ihn wie kaum eine andere Eigenschaft vom Tier.
Aber die altruistische Gesellschaft hat ein Problem: Gierhälse, egoistische Trittbrettfahrer also, die nur einstecken und niemals abgeben. "Etwa 15 Prozent der Leute sind solche Missetäter, die nicht kooperieren", schätzt Fehr.
Lässt man diese Heuschrecken gewähren, vergiften sie bald das Klima. Misstrauen wächst - die zu oft geprellten Altruisten beginnen nun auch zu geizen, um ihre Pfründen zu retten. Kaum einer mag jetzt noch kooperieren. Ein Staat, in dem dies geschieht, wird zu der "großen Räuberbande", die der Papst vorige Woche in seiner Enzyklika geißelte.
So muss einst die altruistische Bestrafung aufgekommen sein - und damit die Bosheit, das "Strafen um des Strafens willen", wie Fehr es nennt.
"Diese Bereitschaft, Regelverletzungen und nichtkooperatives Verhalten zu sanktionieren, ist entscheidend, um die Gesellschaftsordnung, die Märkte, Organisationen, Familien und Gemeinden aufrechtzuerhalten."
Um Trittbrettfahrer aber bestrafen zu können, müssen sie zuerst entlarvt werden. Dafür, glauben die Forscher, hat sich ein feiner Sinn für Fairness im Menschen gebildet. "Dieses Gefühl für Ungleichbehandlung ist der Grund", meint Biologe Jensen, "warum einer, der eben noch mit seinem Auto völlig zufrieden war, es plötzlich hasst, nur weil vor des Nachbars Garage jetzt ein schickerer Wagen steht."
Untersuchungen an der Universität Bonn haben ergeben, dass selbst schon bei Bakterien in ihrer natürlichen Umgebung weniger "gierige" den maßlosen "Egoisten" überlegen sind.
Letzte Anpassung: 2008-06-16